Deutsches in Südkorea
Vermutlich verbinden die meisten von Ihnen mit Südkorea einen der großen Technikkonzerne, die längst in unserem Alltag Einzug gehalten haben? Oder Sie gehören zu den über 50.000 Sportlern in Deutschland, die den koreanischen Kampfsport Taekwondo praktizieren? Aber bestimmt haben Sie spätestens mit den Olympischen Spielen oder dem Rekord-Hit 'Gangnam Style' Südkorea wahrgenommen, stimmts?
Das kleine Land in Ostasien ist gerade mal so groß wie Bayern und Baden-Württemberg zusammen und unternimmt voller Stolz die größten Bemühungen sich und seine Kultur in der ganzen Welt bekannt zu machen.
Die Sprache, das Essen, die Bräuche und Gewohnheiten wirken auf uns auf den ersten Blick sehr exotisch, dabei haben unsere Länder mehr gemeinsam, als man auf den ersten Blick vermutet.
Die Beziehung zwischen Südkorea und Deutschland begannen nach dem Koreakrieg im Jahre 1954 und sind bis heute eng. Von den europäischen Ländern ist Deutschland der größte Handelspartner des Landes. Und beide Länder verbindet eine traumatische Gemeinsamkeit - die Teilung.
Ich bekam die Gelegenheit für einige Wochen mit dem Rucksack durch Südkorea zu reisen und war über die Fülle heimischer Produkte überrascht. Von Pflegeprodukten bis hin zu Fruchtgummi erfreuen sich Marken 'Made in Germany' großer Beliebtheit. Und das oftmals trotz höherer Preise. Deutsche Automarken gelten als Statussymbol und koreanische Touristen bringen von ihren Reisen gerne Küchenmesser einer deutschen Traditionsmarke mit nach Hause. Auch deutsches Bier wird im fernen Osten geschätzt. Etwas skurril wurde mein Aufenthalt in Seoul, als mich koreanische Freunde dort in ein deutsches Wirtshaus verschleppten, anstatt wie von mir erhofft in ein traditionelles koreanisches Restaurant. Das dort gebraute Hausbier war tatsächlich sehr lecker, die Konsistenz der Bratwurst, die man zur Sicherheit noch mit dem traditionellen, scharf eingelegten Weißkohl Kimchi als Beilage servierte, war für meinen Gaumen wie erwartet ungewohnt.
In den Ausgehvierteln der koreanischen Städte ist das deutsche Wort 'Hof' nicht zu übersehen. Selbstverständlich werden die Gäste nicht in einem Hinterhof empfangen. Vielmehr leitet sich das Wort von unserem 'Hofbräuhaus' ab und steht für eine Bierkneipe. Inzwischen ist es als Begriff in der koreanischen Sprache fest verankert.
Wer mit offenen Augen durch die Städte geht wird zwangsläufig Germanismen begegnen. Cafés, Modeläden, Bäckereien bedienen sich mehr oder weniger origineller Namen und sogar Prints auf Mode sind mit oftmals zusammenhanglosen deutschen Worten gestaltet. Da fragt man sich sofort, was wohl die chinesischen Zeichen auf den Shirts hiesiger Modegeschäfte bedeuten.
Auch kulturell gibt es in Südkorea einiges aus deutscher Feder zu bestaunen. Auch wenn sich deutschsprachige Popmusik oder Schlager noch nicht als massentauglich erwiesen hat, so füllen die Musicals aus der Feder des deutschen Autors Dr. Michael Kunze seit Jahren erfolgreich die Theater. Shows wie 'Elisabeth' über das Schicksal der österreichischen Kaiserin, 'Mozart' oder die Vertonung des Daphne Du Maurier Romans und als Hitchcock Film bekannt gewordenen Thrillers 'Rebecca' wurden in die koreanische Sprache übertragen und werden mit großem Aufwand produziert und prominent beworben.

Nach wie vor als Sensation gilt das deutsche Dorf 'Dogil Maeul' auf der Insel Namhaedo im Süden des Landes. Mehr Deutschland dürfte man im fernen Osten wohl kaum zu Gesicht bekommen. Die Geschichte des Dorfes ist einzigartig. In den 1960er und 70er Jahren kamen viele Südkoreaner als Gastarbeiter nach Deutschland. Im Jahre 1997 reiste Du-Kwan Kim, der damalige Bürgermeister des Landkreises in dem sich das Dorf heute befindet, nach Deutschland und erfuhr von seinen Landsleuten, dass sie mit dem Ruhestand über eine Rückkehr in ihre frühere Heimat nachdachten. Oftmals mit dem deutschen Partner. Kim griff die Wünsche auf und entwickelte die Idee einer deutschen Siedlung in seinem Landkreis, sowohl als Dank an die Gastarbeiter, die von ihren Gehältern finanzielle Unterstützung für ihre Familien nach Südkorea schickten, als auch als Touristenattraktion. Im Jahr 2000 wurden 100.000 Quadratmeter Land vom Landkreis erworben und 2004 mit dem Bau von typisch deutschen Häusern begonnen. Insbesondere zum jährlichen Oktoberfest wird das Dorf von zehntausenden koreanischen Touristen geradezu überrannt.
Und auch einer der größten Konzerne Südkoreas LOTTE wird mit einem deutschen Namen geführt. Der Koreaner Shin Kyuk-ho war ein großer Liebhaber von Goethes Werk "Die Leiden des jungen Werther" und benannte sein 1948 in Tokio gegründetes Handelsunternehmen nach der Kurzform des Namens der Romanfigur Charlotte.

Für unsere deutsche Wiedervereinigung werden wir von den Südkoreanern bewundert. Experten halten eine zeitnahe koreanische Wiedervereinigung nach wie vor für unwahrscheinlich. Aber auch in Deutschland hat man die Entwicklung damals nicht vorhersehen können.