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Smart Cities and charming people

Obwohl dies grob gerechnet meine 70. Geschäftsreise nach Asien gewesen sein dürfte, hatte ich die Reise voller positiver Anspannung angetreten, da die pulsierenden Mega-Cities in Asien mir jedes Mal neue Impulse geben. Insbesondere die technischen Neuerungen im Alltag versetzen einen immer ins Staunen.

Die erste Station auf dieser Reise war meine Heimatstadt Shanghai. Nach einer schnellen Gepäckausgabe stieg ich am Flughafen Pudong in ein Taxi ein. Ich spürte einen dicken aber weichen Gegenstand an meinem Rücken. Zunächst dachte ich, dass ein vorheriger Gast möglicherweise die Handtasche vergessen hat. Als ich mich umdrehte, um dies genauer zu inspizieren, sagte mir der Taxifahrer lächelnd, dass es sich um ein Massagegerät handelte. Ich musste nur eine App via den QR-Code, der an der Rückseite des Vordersitzes und damit direkt vor meinen Augen platziert war, herunterladen, um in den Genuss der kostenlosen Massage zu kommen. Als gut geschulte deutsche Bankerin in Sachen Datenschutz weiß ich natürlich, dass der App-Betreiber weniger an meiner Rückenentspannung als an meine Daten interessiert ist, habe ich auf diesen kostenlosen Genuss verzichtet. Die Idee finde ich dennoch pfiffig.

Auf meiner zweiten Station in Beijing bot der Kunde nach unserem Treffen freundlicherweise an, mich zum Hotel zurückzufahren. Wir gingen zusammen hinunter in die Parkgarage, wo er sein Auto geparkt hatte. Anstatt die Parkgebühren an einem Parkautomat, der auch nirgendwo in der Garage zu sehen war, zu begleichen, ging er zu einem großen QR-Code, der an einer Wand abgebildet war. Dann holte er sein Smartphone heraus, schaltete WeChat-Pay ein, scannte den QR-Code, schon war die Bezahlung erledigt. Auch musste er bei der Ausfahrt an der Schranke nicht anhalten, um irgendetwas vorzuzeigen, da das Autokennzeichen bereits bei der Einfahrt registriert wurde und durch das Scannen des QR-Codes für die Ausfahrt wieder freigegeben wurde. Ich musste daran denken, wie oft ich an einer Parkuhr stehe und mich darüber ärgere, dass ich nicht ausreichende Münzen bei mir habe. Auch die Polizei hat immer wieder Ärger mit den „Parkuhr-Knackern“. Da hat wohl das High-Tech-Land Deutschland noch einiges aufzuholen.

In Seoul war ich wie jedes Mal beeindruckt von der Effizienz, die auf eine moderne Technik zurückzuführen ist. Wenn noch die asiatische Höflichkeit dazukommt, kann man als Kunde nicht anders als zufrieden sein. So empfinde ich jedes Mal bei meinem Stammhotel. Nirgendwo anders habe ich bessere Hotelportiers erlebt. Während die meist betagten Portiers vor Eingängen europäischen Hotels in ihren Uniformen eher an die Butlers im 18. Jahrhundert erinnern, sind die eifrigen aber oft schlecht ausgebildeten jungen Portiers in China oft überfordert mit ihren internationalen Gästen. Außerdem stehen ihnen außer ihrer Freundlichkeit meist kaum Hilfsmittel zur Verfügung. Die jungen, freundlichen und obendrein gutaussehenden Portiers von meinem Stammhotel in Seoul jedoch sind mit einem Pult ausgestattet, auf dem zwei PCs, ein Telefon sowie weitere von mir nicht sofort erkennbare technische Geräte aufgebaut sind. So können sie die Gäste mit vielerlei Auskünften und Hilfeleistungen versorgen. Ich lasse jedes Mal die Adressen meiner Termine auf Koreanisch aufschreiben, um diese dann den Taxifahrern, die in der Regel kein Englisch sprechen, zu zeigen.

 

Dass Technik letztendlich dem Komfort der Menschen zu Gute kommen soll, zeigt sich auch an den smarten Fußgängerüberwegen mit Warnsignalen für Smombies – Smartphone Zombies. In Korea werden immer mehr Fußgängerüberwege mit LED Lampen ausgestattet, die durch das Blinken die Smombies von ihrem Smartphone ablenken sollen. Eine neue Verkehrs-App lässt auf dem Bildschirm des Smartphones sogar ein Warndreieck erscheinen, sobald der Smombie sich Richtung einer Straßenkreuzung bewegt.

Letzte Station Singapur. Dort musste ich erneut lernen, wie man mit modernen Fahrstühlen fährt. Dynamisch stürmte ich in einen Fahrstuhl, um festzustellen, dass sich darin kein Knopf zum Drücken befindet. Ich erinnerte mich, dass ich vor dem Fahrstuhl an der Steuerungssäule auf dem Zifferblatt das gewünschte Stockwerk eingeben musste. Daraufhin erschien ein Buchstabe im Display, welches mir anzeigte, mit welchem der 8 Fahrstühle ich fahren sollte. Mit dieser für Anfänger etwas umständlichen Technik sollen die Fahrstühle effizienter gesteuert werden, so dass die Wartezeit erheblich verkürzt wird. Später erfuhr ich, dass diese Technik tatsächlich eine europäische Erfindung ist (Schindler Aufzüge), die aber in Europa nur wenig Einsatzmöglichkeit findet. Dort lassen doch die meisten nicht gebrechlichen Menschen die nostalgischen Fahrstühle mit der Gittertür stehen und nehmen stattdessen die Treppen. Aber wenn man in das 34. Stockwerk möchte, wie in meinem Fall, sind die Treppen sicherlich keine Alternative.

Zwischen meinem letzten Termin und dem Rückflug nach Deutschland um Mitternacht blieben mir in Singapur einige freie Stunden. Ich entschied mich für eine Minikreuzfahrt auf dem Singapur River. Anstatt eines vollautomatisierten und selbstfahrenden Schiffs kam ein ca. 10 Meter langes bunt bemaltes Holzschiff auf mich zu. Beim Anliegen donnerte der Bug gegen die Kaimauer, so dass der Blechring am Bug gebrochen ist. Völlig unberührt davon stieg der Kapitän, mindestens 80 Jahre alt, aber mit einer Kapitänsmütze und Rettungsweste vollständig ausgerüstet, aus seinem Steuerhäuschen und gab mir zur Begrüßung einen Handschlag. Dann fuhr er gemächlich los, mit mir als einzigem Gast.