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SWOT-Analyse | Italien

Land: Italien


In Italien ist das Gefälle zwischen den wirtschaftsstarken nördlichen und den südlichen Regionen des Landes groß. Im Warenverkehr erzielt das Land in der Regel Exportüberschüsse, ebenso beim Tourismus. Andere Dienstleistungssparten haben jedoch meist ein Defizit im Austausch mit dem Ausland. Die Handelsbeziehungen mit Deutschland sind eng und bewährt. Im Jahr 2022 war Italien die zehntgrößte Volkswirtschaft der Welt. Beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf lag das Land in der Erfassung der Weltbank hingegen nur an 32. Stelle

 

Starke Exportcluster

Die italienische Ausfuhrstärke konzentriert sich auf einige Branchen und Cluster. Zu diesen zählen im verarbeitenden Gewerbe insbesondere der Maschinen- und Anlagenbau, die Kfz-Industrie, der Schiffbau, Nahrungsmittel- und Getränkeverarbeiter, Möbelhersteller sowie die Modebranche beziehungsweise die Textil-, Bekleidungs- und Lederindustrie. Italienisches Design genießt Weltruf. Bei den meisten anderen Industriesparten führt Italien dagegen mehr ein als aus. Im Dienstleistungssektor weist insbesondere das Transportgewerbe einen negativen Saldo im Austausch mit anderen Märkten aus.

 

Hohe Infrastrukturinvestitionen stehen an

Bis 2027 stehen Italien Fördergelder von 191,5 Milliarden Euro aus der Aufbau- und Resilienzfazilität der EU zur Verfügung. Diese wurde 2021 zur Überwindung der Coronakrise durch nachhaltige und innovative Investitionen ins Leben gerufen. Mit Unterstützung dieser Mittel macht Italien viele Großvorhaben in der Bahninfrastruktur möglich. Dies eröffnet deutschen Anbietern viele Geschäftschancen, denn allein im Fernstreckennetz sollen über 60 Milliarden Euro in neue Trassen fließen.

Auch der Bau und die Digitalisierung von Autobahnen und wichtigen Überlandstraßen kostet 22 Milliarden Euro, teilweise mit EU-Förderung. Investitionen stehen auch in große Seehäfen an, insbesondere in Genua, wo 2,5 Milliarden Euro vorgesehen sind. Die EU fördert zudem Maßnahmen im Hafen Triest, wo insgesamt 1 Milliarde Euro bereit steht.

 

Grüne Transformation ist Chance und Risiko

Der umweltgerechte Umbau des Energie- und Verkehrssektors bleibt eine Herausforderung für die Privatwirtschaft und den italienischen Staat. Im Jahr 2021 haben fossile Brennstoffe noch 59 Prozent zur Strom- und 81 Prozent zur Wärmeerzeugung beigetragen. Die Regierung hat ihre Ziele zur Nutzung erneuerbarer Quellen Mitte 2023 jedoch nochmals in die Höhe geschraubt. Bis 2030 sollen zusätzliche Kapazitäten von 55 Gigawatt in Fotovoltaik- und 16 Gigawatt in Windkraftanlagen entstehen. Auch die Wasserstoffproduktion soll hochgefahren werden. Im sizilianischen Catania entsteht zudem die größte europäische Fabrik für Solarmodule. Ob sich alle Pläne realisieren lassen, ist angesichts von Planungs- und Lieferkapazitäten unklar.

Die Kfz-Industrie treibt die Umstellung auf Elektromobilität voran. So will Stellantis 2030 nur noch Batteriemodelle auf den Markt bringen. Insgesamt investieren Stellantis, Ferrari, Lamborghini und HongQi in Italien 12 Milliarden Euro in den Produktionsaufbau. Zudem fließen im süditalienischen Termoli und Palermo insgesamt 9,5 Milliarden Euro in Batteriefabriken. Der Aufbau öffentlicher Ladestationen hinkt im europäischen Vergleich jedoch stark hinterher

 

Fachkräftemangel droht sich zuzuspitzen

Im Herbst 2023 sahen in einer Mitgliederumfrage der Deutsch-Italienischen Industrie- und Handelskammer (AHK) 41 Prozent der Befragten einen Mangel an qualifizierten Arbeitskräften als Problem an. Dieses Phänomen betrifft aber in erster Linie wirtschaftsstarke nördliche Regionen wie die Lombardei, Piemont, Venetien oder die Emilia Romagna, wo die Beschäftigungsquote mit 66 Prozent bis 70 Prozent hoch ist. In den südlichen Regionen Apulien, Kalabrien, Kampanien und Sizilien liegt sie dagegen bei unter 50 Prozent.

In den strukturschwachen Gebieten gibt es allerdings seit Jahrzehnten eine Abwanderung von Fachkräften mangels guter Jobperspektiven. Ziele sind nicht nur der italienische Norden, sondern auch andere EU-Länder. Anstehende große Industrieprojekte wirken dem in gewissem Ausmaß entgegen. Ein ganz Italien betreffendes Phänomen ist die Alterung der Gesellschaft. Das europäische Statistikamt Eurostat erwartet, dass 2032 etwa 4,4 Prozent weniger Menschen im arbeitsfähigen Alter zwischen 15 und 64 Jahren in Italien leben werden als 2022.

 

Hohe Zinsen verteuern Kredite

Die Europäische Zentralbank hat zur Eindämmung der seit 2021 stark gestiegenen Inflationsraten im Euroraum ihre Geldpolitik gestrafft und insbesondere die Leitzinsen seit 2022 stark angehoben. Dies wirkt sich negativ auf kreditfinanzierte Investitionen aus, da sich die Zinslast von Immobilien- und sonstigen Darlehen verteuert hat. Sollte dieses Phänomen länger anhalten, könnte es sich zu einem Risiko für die Auftragslage und den Bestand mancher Unternehmen entwickeln.

Auch der italienische Staat muss mehr Geld zur Bedienung seiner Anleihen aufwenden. Die Europäische Kommission erwartet im November 2023, dass Italiens öffentliches Haushaltsdefizit im Gesamtjahr 139,8 Prozent des BIP entsprechen wird. Dies ist nach Griechenland der höchste Schuldenstand in der EU. Italienische Landeskenner berichten zudem von oftmals langwierigen Verwaltungsprozessen. Um diese zu vereinfachen, treibt die Regierung das bereits in den letzten Jahren initiierte E-Government weiter voran.

Quelle: GTAI